Glossar


Diversity / Diversität

Der englische Begriff „Diversity“ (Diversität, Vielfalt) wird als übergreifender Begriff verwendet, um Themen wie Herkunft/Ethnizität, Geschlecht und Geschlechtsidentität, Alter, Sexualität, körperliche und geistige Befähigung, Religion u.a. zu behandeln. Diese verschiedenen sozialen Kategorien spielen für jeden Menschen eine Rolle in alltäglichen Zusammenhängen, sei es durch selbst gewählte Identitäten, Gruppenzugehörigkeiten oder Fremdzuschreibungen.

Immer noch werden Menschen aufgrund bestimmter Merkmale oder Zugehörigkeiten zu bestimmten Gruppen ausgegrenzt und benachteiligt. Diesen fortbestehenden Diskriminierungsstrukturen soll mit „Diversity“ ein Konzept von Gesellschaft entgegen gesetzt werden, das Vielfalt als positiv und bereichernd begreift. Anders als bei klassischer Antidiskriminierungsarbeit geht es nicht nur um Gegenmaßnahmen zu sozialer Ausgrenzung und institutionell verankerter Diskriminierung, sondern vor allem darum, Unterschiedlichkeiten anzuerkennen und sie als Stärke zu begreifen. Der Fokus auf den Kampf um rechtliche Gleichstellung und gesetzlichen Schutz gegen Benachteiligung wird somit erweitert: es geht um eine positive Bezugnahme auf gesellschaftliche Vielfalt, um die Wertschätzung von Unterschiedlichkeit.

An „Diversity“ orientierte Bildungsarbeit soll Vielfalt abbilden und explizit zur Sprache bringen. Bildungskonzepte der Vielfalt verweigern einen defizitären Blick auf Unterschiedlichkeit, wie er beispielsweise in Vorstellungen von „Integration“ vorherrscht. Im Zentrum stehen die Ziele Chancengleichheit, Teilhabe und Inklusion. Dies wird verbunden mit einer Sensibilisierung für und Kritik an bestehenden Machtverhältnissen und Diskriminierungsstrukturen. 

Quelle:

https://www.bildungswerk-boell.de/de/diversity


Intersektionalität

Intersektionalität kommt von „Intersection”. Das bedeutet im Amerikanischen „Straßenkreuzung”. Diskriminierungen haben häufig unterschiedliche Gründe und Quellen und überlagern sich gegenseitig. Anders gesagt, in der Lebenswirklichkeit vieler Menschen “kreuzen” oder verknoten sich soziale Kategorien wie Gender, Rasse oder Klasse.

Die intersektionale Perspektive nimmt, jene Wechselbeziehungen sozialer Ungleichheiten bzw. von Machtverhältnissen in den Blick. Sie veranschaulicht, dass sich Formen der Unterdrückung und Benachteiligung nicht einfach aneinanderreihen lassen, sondern in ihren Verschränkungen und Wechselwirkungen Bedeutung bekommen. Kategorien wie Geschlecht, Rasse, Alter, Klasse, Ability oder Sexualität wirken nicht allein, sondern vor allem im Zusammenspiel mit den anderen. Die intersektionale Perspektive erlaubt, vielfältige Ungleichheits- und Unterdrückungsverhältnisse miteinzubeziehen, die über die Kategorie Geschlecht allein nicht erklärt werden können. Die Ursprünge des Konzepts der Intersektionalität liegen im Schwarzen Feminismus, der afroamerikanischen Arbeiter*innen-Bewegung und der Critical Race Theory.

Quellen:

https://www.gwi-boell.de/de/2019/04/18/was-ist-intersektionalitaet-eine-definition

https://www.gwi-boell.de/de/intersektionalitaet


Empowerment

Empowerment ist ein Begriff, der aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und feministischen Bewegungen des globalen Südens kommt. Im Deutschland der 1980er und 1990er Jahren prägten Schwarze feministische Kämpfe sowie Bündnisarbeiten von Frauen of Color, Migrant_innen und jüdischen Frauen das Verständnis von Empowerment.

Empowerment bedeutet die Freiheit als Selbst existieren zu können, ohne sich Handlungszwängen zu beugen, die von außen aufgrund sozialer Kategorien (wie »Rasse«, Klasse, Gender, Disability u.a.) an uns herangetragen werden und die uns in unserer Sozialisation prägen. Daher richtet sich Empowerment an Menschen, die durch diese Herrschaftsverhältnisse (Rassismus, Klassismus, Sexismus, Heteronorma- tivität u.a.) unterdrückt werden. Versuche, den Begriff auf Deutsch zu übersetzen, münden meist in «Selbstermächtigung». Bei Empowerment geht es aber um mehr, als sich selbst zu ermächtigen und eigene Süppchen zu kochen. Das Verständnis von Empowerment stammt aus radikalen sozialen Bewegungen und politischen Kämpfen, in denen Menschen die bestehenden Machtverhältnisse nicht hinnehmen wollten und kollektiv dagegen ankämpften.

In Empowerment-Workshops soll vor allem Raum für Perspektiven geschaffen werden, die in der Öffentlichkeit weiterhin unterrepräsentiert bzw. strukturell benachteiligt sind.

Quellen:

https://heimatkunde.boell.de/sites/default/files/dossier_empowerment.pdf

https://antifra.blog.rosalux.de/dossier-empowerment/


Rassismus

Rassismus ist eine Ideologie, die Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur, Herkunft oder Religion abwertet. In Deutschland und der Schweiz betrifft das nicht-weiße Menschen – jene, die als nicht-deutsch bzw. nicht schweizerisch, also vermeintlich nicht wirklich zugehörig angesehen werden. Wenn Menschen nicht nach ihren individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften oder danach, was sie persönlich tun, sondern als Teil einer vermeintlich homogenen Gruppe beurteilt und abgewertet werden, dann ist das Rassismus.

Mit dieser Ideologie werden ungleichwertige soziale und ökonomische Lebensverhältnisse, Ausschlüsse von Menschen oder sogar Gewalt gerechtfertigt. Rassismus ist dabei kein „einfaches“ Mobbing, denn Rassismus beruht auf einem realen Machtunterschied in unserer Gesellschaft. Voraussetzung dafür ist, dass Menschen nach äußerlichen oder (vermeintlichen) kulturellen Merkmalen in „Wir“ und „Andere“ eingeteilt werden. Die „Anderen“ werden dabei als weniger wert oder weniger gut als das „Wir“ eingestuft. 

Rassistische Kontinuitäten

Die Vorstellung, Menschen in sogenannte „Rassen“ einzuteilen und diese dann zu hierarchisieren ist eine menschengemachte Ideologie. Sie ist alles andere als ein Naturgesetz. Entstanden ist diese Irrvorstellung während der Kolonisierung im 16. Jahrhundert, als Menschen vom afrikanischen Kontinent entrechtet, als Arbeitskräfte versklavt, vergewaltigt und oder ermordet wurden. In Europa wurden diese Verbrechen damit gerechtfertigt, dass die Menschen dort unterentwickelt und besonders „naturverhaftet“ seien. Fortschritt und Zivilisation müssten ihnen erst – notfalls mit Gewalt – „gebracht“ werden.

Weil Rassismus also wichtig war, um zu legitimieren, warum einige mehr Zugang zu Menschenrechten und Ressourcen haben sollten als andere, wurde lange versucht, die Vorstellung von “Rassen” als „natürlich” oder „legitim” darzustellen. Auch die Wissenschaft machte da keine Ausnahme: Sie erforschte und „bewies“ jahrhundertelang, es gäbe menschliche „Rassen“ und natürliche Rangordnungen, also qua Biologie „bessere” und „schlechtere” Menschen. Das ist längst widerlegt, doch der Glaube daran hält sich auch heute weiterhin hartnäckig. Nicht zuletzt deshalb, weil die Abwertung „anderer“ Menschen dazu dient, sich selbst und die eigene Gruppe aufzuwerten.

Auch die Nationalsozialist*innen teilten Menschen willkürlich in „Rassen“ ein und wollten die Welt nach rassistischen Ideen neu ordnen. Diese mörderische Ideologie führte zum Massen- und Völkermord des Zweiten Weltkrieges an den europäischen Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma und anderen Gruppen.

Als eine der Lehren aus den Verbrechen des Nationalsozialismus und aufgrund von Bürgerrechtsbewegungen, die für gleiche Rechte für alle Menschen kämpften, wurde der Rassismus, der sich auf biologische Unterschiede beruft, nach und nach weniger gesellschaftsfähig. An seine Stelle trat ein Rassismus entlang kultureller Unterschiede. Anstatt sich auf eine biologische Begründung zu berufen, spricht diese Form des Rassismus Menschen ab, ihre „Kultur“ verändern zu können. Nach dieser Vorstellung habe jedes “Volk” eine vermeintlich unveränderliche kulturelle Identität, die vor “fremden” Einflüssen geschützt werden müsse. Kultur wird in diesem Denken synonym zu „Rasse“ verstanden.

Rassismus in der Gegenwart

Rassismus drückt sich nicht nur in physischer Gewalt aus, sondern zuerst in Gedanken, Worten und Handlungen. In etlichen Gegenden sind nicht-weiße Menschen in Gefahr, angepöbelt oder gewalttätig angegriffen zu werden. Mindestens 194 Todesfälle rechter Gewalt in Deutschland seit 1990 zeigen, welches Ausmaß rassistische Gewalt und Überlegenheitsdenken annehmen können. Rassismus ist nicht nur ein Problem von einigen Neonazis und Ewiggestrigen, sondern auch ein Thema für Sicherheitsbehörden, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft. Es handelt sich um ein strukturelles Problem, von dem die gesamte Gesellschaft betroffen ist.

Rassismus findet sich in der Gesellschaft offen oder versteckt: in Talkshows, Nachrichten oder in der Zeitung, wenn über Menschengruppen herablassend gesprochen und geschrieben wird; bei der Wohnungs- und Ausbildungsplatzsuche, wenn Menschen mit deutsch klingendem Namen viel wahrscheinlicher einen Platz bekommen als andere; bei racial profiling, in Kinderbüchern, auf dem Schulhof oder in rassistischen Memes auf Facebook und Instagram. Rassismus passt eigentlich nicht ins Weltbild einer toleranten, modernen Gesellschaft. Und trotzdem ist er allgegenwärtig. Für viele Menschen, die als nicht „deutsch genug“ angesehen werden, ist er immer noch trauriger Alltag. Sie werden als “nicht normal“ oder als „anders“ ausgegrenzt.

Die Situation hat sich vor allem für Menschen mit Fluchtgeschichte, für Muslim*innen und Romnja wieder drastisch verschärft. Ein Erstarken autoritärer, extrem rechter Ideologien und menschenfeindlicher Positionen – oft verharmlosend als “Rechtsruck” beschrieben - geht auch mit einem Erstarken von Flüchtlingsfeindlichkeit, antimuslimischem und anti-schwarzem Rassismus sowie Feindschaft gegen Sinti und Roma einher.  

Mittlerweile werden auf der Straße, in den Medien, in Bestsellern und vor allem auch wieder in Parlamenten offen rassistische Positionen vertreten. Selbst wenn „besorgte Bürger“, Rechtspopulist*innen oder Vertreter*innen der “Neuen” Rechten manchmal nicht offen rassistisch auftreten und dann z.B. von „Ethnopluralismus“ sprechen, verbergen sich dahinter rassistische Vorstellungen. Da ist zwar nicht mehr von „Rassen” die Rede, sondern von „Völkern”, „Ethnien” oder „Kulturen”- diese werden aber mit einem Lebensraum verbunden und sollten sich keinesfalls „mischen“. Das klingt auf den ersten Blick harmloser als das eindeutig rassistische „Deutschland den Deutschen“, meint aber dasselbe. Hier wird nur der Begriff „Rasse” durch „Kultur” oder „Volk” ausgetauscht. Ein vielfältiges Miteinander, gegenseitige Inspiration und Migration werden vehement abgelehnt.

Quelle:

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/rassismus/was-ist-rassismus/